Der Hannoveraner
Langestüt Celle
DIE GRÜNDUNG DES LANDGESTÜTS
Um den bäuerlichen Pferdezüchtern im Land gegen eine geringe Gebühr gute Hengste zum Decken ihrer Stuten zur Verfügung stellen zu können, gründete Georg II., Kurfürst von Hannover und König von Großbritannien, am 27. Juli 1735 das niedersächsische Landgestüt Celle.
Zu diesem Zweck wurden im Winter 1735/36 dreizehn Holsteiner Hengste erworben. Diese Hengste führten vorrangig neapolitanisch-andalusisches Blut. Nun wuchs der Hengstbestand des Landgestüts ständig, setzte sich aber bis 1770 fast ausschließlich aus Holsteinern zusammen – die Ausnahmen bildeten einige Andalusier, Ostpreußen und Dänen. Vollblüter englischer Abstammung dienten in den folgenden Jahren der Veredelung der Zucht. Die bisher eher bäuerlichen Arbeitspferde sollten durch den Vollblutanteil an Adel, Härte und Teperament gewinnen, um so als Heeresremonten verkauft werden zu können.Um 1800 besaß das Landgestüt bereits 100 Hengste, die auf ca. 50 Deckstationen verteilt wurden. |
Foto: Andrea Schneider |
ABSTAMMUNGSNACHWEISE UND STUTENSTÄMME
Um 1790 begann das Landgestüt Abstammungsnachweise für die von seinen Hengsten und registrierten Stuten gezüchteten Nachkommen auszustellen – die von den staatlichen Hengsten stammenden Stuten wurden von Beginn an in Gestütslisten registriert. Der Startschuss für die eigenständige, planmäßige hannoversche Pferde- zucht war so gefallen.Alte Stutenstämme lassen sich durch schnittlich 150 Jahre zurückverfolgen.
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KRIEG UND VOLLBLÜTER
Einen starken Rückschlag erlitt das Landgestüt allerdings durch die Freiheitskriege – nur 30 der in Mecklenburg evakuierten Hengste überlebte und bildete die Basis für den Wiederaufbau der hannoverschen Pferdezucht in 1816. Zusätzlich zu den aus eigener Zucht stammenden Hengsten, wurden Hengste aus Mecklenburg und England rekrutiert. Vollblüter machten in jener Zeit 35% des Bestandes aus, und es wurde rechtzeitig erkannt, dass die Gefahr einer zu starken Vollblutbenutzung ins Haus stand. So wurde der Anteil an Vollbluthengsten reduziert.
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STUTBUCHGESELLSCHAFT UND AUFSCHWUNG
Im Jahre 1888 wurde die hannoversche Stutbuchgesellschaft gegründet, die, basierend auf der exakten Vorarbeit des Landgestüts, die Auswahl und Registrierung ab 1893 fortführte. 1922 wurde die Stutbuchgesellschaft in den Verband hannoverscher Warmblutzüchter intergriert. Der Hengstbestand wuchs bis 1924 auf stattliche 500 an, und es wurde eng in Celle. 1925 wurde deshalb ein weiteres Landgestüt in Osnabrück- Eversburg gegründet, welches zunächst 100 Hengste und 30 Gestütswärter beherber- gte. Fortan umfasste der Bereich des Landgestüts Celle die Bezirke Lüneburg, Stade und das Hamburger Gebiet, der Bereich des Landgestüts Celle beinhaltete hingegen die Bezirke Hannover, Osnabrück und Hildesheim. Im Jahr 1921 kam ein weiteres Interesse der zucht hinzu: ca. 50% der Zuchthengste sollten bereits als Fohlen gekauft und aufgezogen werden können. Zu diesem Zweck wurde der Gestütsverwaltung die ca. 600 Hektar große Domäne Hunnesrück im Solling als Hengstaufzuchtgestüt nterstellt. Geprüft werden sollten die Hengste ab 1927 in einer Hengsteigenleistungs- prüfungsanstalt in Westercelle.
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NACH DEM ZWEITEN WELTKRIEG
Nach dem zweiten Weltkrieg konnte das Landgestüt einen Bestand von 380 Hengsten in Celle und 180 Hengsten in Osnabrück verzeichnen. Die alte ostpreußische Zucht überlebte den Krieg nicht, wodurch eine große Anzahl Trakehnerhengste nach Celle kam. Sie sollten einen bedeutenden Einfluss auf die hannoversche Zucht erlangen.
1946 wurden die Landgestüte Celle und Osnabrück dem niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Hannover unterstellt. Das Land Braunschweig wurde eingegliedert und so das Landgestüt Harzburg-Büntheim. Der technische Fortschritt und die Motorisierung brachte bewirkte allerdings einen starken Rückgang in der Pferdezucht an sich, was sich natürlich auch auf die Gestüts- hengsthaltung auswirken musste. 1960/61 wurden die Gestüte Osnabrück und Harzburg demzufolge aufgelöst – Hengste und Personal zogen nach Celle um. 1960 erreichte die hannoversche Zucht ihren absoluten Tiefpunkt, denn von 179 Gestütshengsten wurden lediglich 4238 Stuten gedeckt. Die Umstellung der Zucht auf die Produktion von Reitpferden, die auf der ganzen Welt erfolgreich eingesetzt erden, beschert dem Hannoveraner heute eine aussichtsreiche Zukunft.
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DAS LANDGESTÜT HEUTE
Das Niedersächsische Landgestüt in Celle gehört heute zu den bedeutendsten Zuchstätten der Welt. Denn Hengste aus Celle machten mit ihren in Zucht und Sport bewährten Nachkommen den Hannoveraner weltberühmt. Namen wie Agram, Absatz, Grande, Gotthard, Duellant, Ferdinand, Wöhler, Don Carlos oder in jüngster Zeit eltmeyer sind untrennbar mit dem Landgestüt verbunden. Derzeit hat das Landgestüt 115 Warmbluthengste sowie acht Vollblut- und einen Anglo-Araber-Hengst im Deck- einsatz. Auf insgesamt 41 Deck- und Besamungsstationen, die über ganz Niedersachsen verteilt sind, kommen die Landbeschäler ihren Vaterpflichten nach. In der Decksaison 2003 haben sie rund 7.500 Stuten gedeckt.
Da die Begehrtheit der Celler Hengste nicht vor den Grenzen Niedersachsens bzw. Deutschlands halt macht, betreibt das Landgestüt in Celle seit 1973 eine zentrale niedersächsische Pferdebesamungsstation. Dort ist in einer Samenbank das gefrorene Sperma von knapp 100 Hengsten eingelagert, das nahezu unbegrenzt haltbar ist (sogar die Gene von schon lange toten Vererbergrößen wie Servus, Don Carlos oder Werther leben hier im Eis weiter) und über sehr weite Strecken transportiert werden kann. Wer also zum Beispiel in Amerika mit seiner Stute ein Wolkentanz-Fohlen ziehen möchte, ist hier an der richtigen Adresse.
Zum Landgestüt Celle gehören ferner das Hengstaufzuchtgestüt Hunnesrück am Solling, wo alljährlich ca. 40-50 selektierte Hengstfohlen pro Jahrgang aufgezogen werden, und die Hengstprüfungsanstalt Adelheidsdorf, in sowohl die gestütseigenen Hengste als auch Privathengste anderer Zuchtgebiete auf „Herz und Niere“ getestet werden.
Die Hengste bringen dem Landgestüt durch die Deckgebühren aber nicht nur Geld ein, ihre Unterhaltung kostet auch einiges: so werden zum Beispiel pro Jahr rund 250.000 Euro für Futtermittel und Stroh benötigt, dazu kommen Hufpflege (ohne Personal- kosten) und Tierarztkosten (auswärtige Tierärzte ohne Dr. Sieme, Arzneimittelbedarf des Gestüts), die jährlich ca. 100.000 Euro ausmachen.
Unter der Regie von Landstallmeister Dr. Burchard Bade kümmern sich insgesamt 92 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und 12 Azubis um einen reibungslosen Ablauf des Gestütsalltags – Hengstparaden inklusive. Hier gibt das Landgestüt rund 2,5 Mio Euro im Jahr für Personalkosten aus und die Organisation und Durchführung der sechs Hengstparaden schlägt mit 400.000 Euro zu Buche.
| Foto: Andrea Schneider
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